Am 08.11.2012 ging es um einen von der SPD und den Grünen am 06.11.2012 eingebrachten Antrag im Bundestag um die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten. Wie erwartet war das Abstimmverhalten so, dass die Opposition dafür gestimmt hat und die Regierungskoalition dagegen. Entsprechend ist der Antrag nicht durgekommen.
Nun wollte ich doch einmal wissen, warum “meine” Bundestagsabgeordnete dagegen gestimmt hat und habe ihr über Abgeordnetenwatsch folgende Frage gestellt. Hier kann übrigens geschaut werden, ob sie bereits geantwortet hat oder nicht. Inspiriert habe ich mich übrigens von den Herrn Kaliban.
Sehr geehrte Frau Tillmann,
mit Bedauern habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie mit Ihrer Fraktion gegen eine größere Transparenz bei den Nebentätigkeiten der Abgeordneten gestimmt haben.
Politiker der CDU führen gerne, bei der Verschärfung von Gesetzen im Sicherheitsbereich etwa, die Maxime “Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten” im Munde, wir müssen nun nach dieser Abstimmung leider davon ausgehen, dass Sie alle von der Offenlegung etwas zu befürchten hätten.
Das ist sehr schade, es hätte ein guter Tag für die repräsentative Demokratie werden können. So gehen wir alle den eingeschlagenen Weg weiter, in Richtung sinkender Wahlbeteiligungen, Politikverdrossenheit, Abwendung der Bürger von den Institutionen des Staates und der Demokratie.
In diesem Zusammenhang folgende Fragen:
Warum haben Sie dagegen gestimmt?
Haben Sie etwas zu verbergen?
Warum kann sich Deutschland nicht an Schwede oder den USA, was Nebeneinkünfte angeht orientieren?Mit freundlichem Grüßen,
Christian Beuster
Update vom 20.11.2012
Die Frau Tillmann hat jetzt geantwortet:
Sehr geehrter Herr ,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Transparenz bei Nebentätigkeiten der Abgeordneten.
Sie sprechen ein Thema an, das in den letzten Wochen für viel Aufsehen gesorgt hat und zurecht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegt.
Rund 30 Prozent meiner Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag sind Selbstständige aus den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handwerk und Landwirtschaft. Viele sind Juristen, Steuerberater oder Ärzte. Sie haben sich vor ihrem Mandat eine Existenz aufgebaut, die sie für ihre Tätigkeit als Abgeordneter ruhen lassen und nach einem Ausscheiden aus dem Bundestag wieder aufnehmen werden. Die große Vielfalt an verschiedenen Berufsgruppen bringt zahlreiche Vorteile für unser Parlament. Im Gegensatz zu reinen Berufspolitikern bringen sie vielfältige Praxiserfahrungen mit in den Bundestag.Ich habe nichts zu verbergen und ich bin mir relativ sicher, dass auch meine Kolleginnen und Kollegen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nichts zu verbergen haben. Eine komplette Offenlegung der Nebenverdienste aus der erlernten beruflichen Tätigkeit würde ihnen schlicht die Möglichkeit einer Mandatsübernahme versperren oder zumindest erheblich erschweren. In vielen Berufen würden durch eine komplette Offenlegung die Interessen schutzbedürftiger Dritter verletzt, beispielsweise bei Anwälten, Ärzten und Steuerberatern. Diese müssten mit dem Mandat ihre Praxen oder Kanzleien schließen und würden damit ihre aufgebaute wirtschaftliche Existenz aufgeben. Das kann nicht im Sinne jedes Einzelnen sein, und schon gar nicht im Sinne eines wirtschaftlich und finanziell unabhängigen Abgeordneten.
Sehr geehrter Herr ,
Für mich ist die Ausübung eines Bundestagsmandates ein Fulltime Job, der wenig Spielraum für andere Aufgaben nebenher lässt. Ich nehme diese Aufgabe sehr ernst. Aus diesem Grund lasse ich seit meiner ersten Wahl in den Bundestag 2002 meine Tätigkeit als freiberufliche Steuerberaterin ruhen und konzentriere mich vollkommen auf mein Mandat. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen können sich für die Dauer ihrer Parlamentszugehörigkeit jedoch nicht völlig aus ihrem Unternehmen, ihrem Betrieb oder ihrer Kanzlei bzw. Praxis zurückziehen, da daran oft eine lange familiäre Tradition, viel Engagement und vor allem Arbeitsplätze hängen.
Klar ist aber auch, Sie haben ein Recht zu wissen, ob Ihr Bundestagsabgeordneter nebenher Einkünfte bezieht. Es muss für Sie deutlich sein, ob Ihr Abgeordneter in seiner Mandatsausübung auch wirtschaftlich frei und dem Auftrag seiner Wählerinnen und Wähler verpflichtet ist.
Das geltende Stufenmodell wurde gerade deshalb gewählt, weil zwischen den Grundrechten der Abgeordneten und dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung von Nebeneinkünften der Abgeordneten abzuwägen war.Zur größtmöglichen Transparenz der Nebeneinkünfte bei gleichzeitiger Wahrung der Grundrechte haben die Koalitionsfraktionen eine Erweiterung des bisherigen Stufenmodells vorgeschlagen. Die Offenlegung von Nebeneinkünften soll nicht mehr nur in drei Stufen bis 7.000 Euro erfolgen, sondern auf zehn Stufen bis 250.000 Euro erweitert werden. Gleich bleiben die ersten beiden Stufen mit Einkünften von 1.000 bis 3.500 Euro bzw. 3.500 Euro bis 7.000 Euro. Danach folgen Einkünfte bis 15.000, 30.000, 50.000, 75.000, 100.000, 150.000, 250.000 und über 250.000 Euro.
Mit diesem Stufenmodell kann Sie Ihr Abgeordneter über seine jährlichen Nebeneinkünfte informieren, ohne die Interessen schutzbedürftiger Dritter zu verletzen.Mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann, MdB